Quelle: Archäologie Baselland
Die alte Aufnahme der Oberwiler Kirche zeigt sie noch im Zustand vor 1896. Stilistische Details datieren den Turm und damit die sechste Bauphase ins 14. Jahrhundert.
Entdeckung und Erforschung
Die letzte grosse Renovation der Kirche Sankt Peter und Paul von Oberwil löste 1964/65 archäologische Grabungen aus. Aus Zeitgründen konnte nur der Bereich der ältesten Vorgängerbauten untersucht werden. Die Ereignisse waren aber so bedeutend, dass man beschloss, die Fundstätte unter einer Betondecke zugänglich zu lassen. Dies ermöglichte der Archäologie Baselland im Jahre 2003 gezielte Nachuntersuchungen, in Zusammenarbeit mit Studierenden der Universität Zürich.
Der Geländesporn, auf dem die heutige Kirche steht, ist seit der Römerzeit besiedelt. Ein spätrömisches Gebäude der Zeit um 400 - wohl ein Tempel - markiert den Beginn einer langen Abfolge von Kultbauten. Im Laufe der Jahrhunderte sind insgesamt acht grosse Bauphasen nachweisbar.
Die wichtigsten Erkenntnisse
Die archäologischen Forschungen haben gezeigt, dass die früheste Kirche mehr als 600 Jahre älter ist als der erste schriftliche Nachweis eines Gotteshauses in Oberwil.
Die Besiedelung auf dem Kirchsporn reicht aber noch viel weiter zurück. Die ältesten Funde stammen aus der frühen Römerzeit, das heisst aus dem 1. Jahrhundert n. Chr. Erste Spuren von Gebäuden datieren wohl ins 2./3. Jahrhundert n. Chr.
Die bedeutendste Entdeckung ist ein spätrömisches Heiligtum. Dank ihm lässt sich eine Kultkontinuität von 400 n. Chr. bis in die Gegenwart nachweisen, was in der Schweiz nur auf ganz wenige Fundstellen zutrifft. Diese sind sehr wichtig für das Verständnis, wie sich das frühe Christentum in unserer Region ausgebreitet hat.
Die Kirche bildet den Mittelpunkt einer frühmittelalterlichen Grundherrschaft, zu der auch die bedeutenden Töpfereien im Tal gehören (Grabung Lange Gasse 1973).
Die Grabung von 1964/65 kurz vor dem Einzug der Betondecke. Im Vordergrund die Westwand des spätrömischen Gebäude (Phase 2)
Sommer 2003. In Zusammenarbeit mit der Archäologie Baselland untersuchen Studierende der Universität Zürich die archäologische Krypta neu.
Älteste Baureste sind zwei römische Mauerfundamente, die man nur grob in das 1.-3. Jahrhundert datieren kann. Ihre Interpretation ist unklar.
Um 400 n. Chr. wir ein quadratischer Bau von 8x8 m errichtet. Der Form nach gleicht er einem gallorömischen Vierecktempel. Es konnte aber auch ein frühchristlicher Grabbau gewesen sein. Darauf weist eine Grube in der Südostecke hin, die ursprünglich als Grabstätte für eine bedeutende Persönlichkeit gedient haben könnte.
Ab 650 n. Chr. wird der Raum nachweislich als christlicher Kultbau verwendet. Man beginnt, in und um das Gebäude Steinplattengräber anzulegen. Ein wenig später wird im Osten ein kleiner, ebenfalls quadratischer Chorraum angebaut.
Zu Beginn des 8. Jahrhunderts wird der Chor nach einem Brandereignis neu errichtet. Wohl gleichzeitig wird das Schiff nach Westen verlängert. Ein Taufstein zeichnet den Bau nun als Kirche einer grösseren Gemeinde aus.
Vermutlich im 11./12. Jahrhundert wird der Chor vergrössert. Die Massivität der Mauern lässt vermuten, dass es sich um einen Turmchor handelte.
Im 14. Jahrhundert wird der Chor nochmals erweitert und erhält die Breite des Kirchenschiffs. An der Nordseite wird ein Kirchturm angebaut.
Erst 1696, also nach fast 1000 Jahren, wird das kleine frühmittelalterliche Kirchenschiff (Phase 4) ersetzt. Das neue Schiff wird länger und breiter. Der Chor in der heutigen Polygonalform wird errichtet.
Das grosse Bevölkerungswachstum erforderte 1896 eine erneute, bedeutende Vergrösserung des Kirchenschiffs. Die Kirche bekommt ihre heutige Form.